narrow – Workshop mit Laika

Das Stück „Nipt“ von dem belgischen Ensemble Laika befasst sich auf herrliche Weise mit einer Beziehung zwischen zwei Menschen, die den Schritt des Zusammenziehens wagen. Sie müssen feststellen, wie schön es ist nicht mehr alleine zu sein, seinen Lebensalltag mit Jemandem teilen zu dürfen, aber auch wie schwierig es ist, immer aufeinander zu hocken, keinen Freiraum mehr zu haben und sich trotz der Enge und ständigem Beisammensein auseinander zu leben. Ein Auszug und Liebeskummer folgen. Die Zeit vergeht, aber der Liebeskummer nicht. Die Anziehungskraft und Liebe scheinen stärker zu sein, so finden sie wieder zueinander. Eine größere Wohnung hilft, um Beiden den Freiraum zu geben, den sie benötigen.

Dieses wundervolle Theaterstück findet auf engstem Raum statt. Lediglich zwei übereinander gestapelte Holzboxen werden bespielt, in denen zwei kleine Wohnungen eingerichtet sind. In diesen viel zu kleinen Wohnungen leben ein viel zu großer Mann und eine viel zu große Frau. Das Mobiliar wird in Miniaturformat gehalten. Die Darsteller können nur über- und untereinander durchklettern, wenn sie die Seiten wechseln wollen. Durch die Enge des Raums wirkt das Spiel größer und absurder. Es wird nicht gesprochen, lediglich organische Laute sind zu vernehmen, welche, durch die hohe Spielenergie der Darsteller, aus ihnen herauspurzeln. Da die gesamte Konzentration der Zuschauer auf einen kleinen Raum gerichtet ist, wirken kleine Gesten größer.

Der Workshop wird von Darstellern von Nipt durchgeführt. Dies ist der erste Workshop, den die Beiden anleiten, weshalb sie etwas nervös sind, dies macht sie aber umso sympathischer. Wir verständigen uns auf Englisch, was ebenso amüsant ist, da man sich in „mein Englisch ist so schlecht“ duellieren kann.

Als „warming up“ stellen sich Workshopleiter und Teilnehmer in einem Kreis auf. Die Aufgabe ist, einen Ball schnell herumzuwerfen. Einfacher gesagt, als getan. Es gilt erst zu werfen, wenn man Blickkontakt mit jemandem aufgenommen hat. Nach und nach kommen vier weitere Bälle hinzu. Diese Übung ist ein guter Anfang um anzukommen und aufzuwachen. Schnelle Reaktionsfähigkeit und Achtsamkeit werden verlangt.

Anschließend machen wir einen Raumlauf. Jeder Teilnehmer soll sich, im Geheimen, zwei Personen aussuchen. Mit diesen versucht man ein gleichschenkliges Dreieck zu bilden. Die Schwierigkeit ist, dass niemand weiß, wer sich wen ausgesucht hat. Danach sind alle gut aufgewärmt, denn beide Übungen sind unter anderem auf Schnelligkeit ausgelegt.

Weiter geht es mit einer Übung, welche auf das Spiel mit Enge abzielt. Wie ist es, wenn eine große Gruppe lang-sam immer näher kommt? Was macht das mit einem, wie fühlt es sich an? Hierzu stellen sich alle Teilnehmer zu einem größtmöglichen Kreis auf. Eine freiwillige Person stellt sich in die Mitte, sie darf die Gruppe um sich herum beobachten. Die Teilnehmer, welche den Kreis bilden, nehmen eine neutrale Körperhaltung und Gesichtsausdruck ein, ihr Blick soll stets auf der Person in der Mitte ruhen. Auf ein Signal (Klatschen) geht der Kreis, einen Schritt nach vorne. Dies wird solange fortgesetzt, bis die Person in der Mitte „Stopp“ sagt oder der Workshop Leiter die Übung als für beendet erklärt. Beim zweiten Versuch, bewegt sich die Gruppe anstatt eines Klatschens auf einen gemeinsamen Impuls einen Schritt vor. Interessant zu beobachten ist, dass anschließend beide Personen in der Mitte, den Drang haben Spannung ab-zubauen(durch Lachen oder Husten), die zweifelsohne entsteht. Während des Voranschreitens des Kreises versuchen sich beide keine Unsicherheit anmerken zulassen, unsicheres Kratzen oder nervöses Herumzappeln der Finger wird versucht zu unterdrücken. Dem Kreis fallen kleine Bewegungen, Veränderungen im Blick und der Atmosphäre viel eher auf, je näher sie kommen.

Bei der nächsten Übung werden die Teilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt, jeder hat einen Partner aus der jeweils anderen Gruppe. Getrennt bekommen sie eine Aufgabe zugeteilt. Gruppe A soll sich vor Gruppe B vorstellen/ inszenieren. Gruppe B soll seinen Partner beobachten und dabei ein herausstechendes Merkmal aussuchen (bestimmte Armbewegung, Blick, Gang etc.), Gruppe A kennt den Auftrag von B nicht. Anschließend soll B als A auf die Bühne gehen, sich nochmal vorstellen und dabei das Merkmal verstärken. Anschließend wird getauscht.

Nun werden die Teilnehmer wieder in zwei Gruppen geteilt. Eine beobachtet und Eine steht auf der Bühne. Die erste Aufgabe ist, dass jede Person versucht so viel Aufmerksamkeit wie möglich auf sich zu ziehen. Hier zeigt sich schnell, dass die Lautesten, am weitesten vorne Stehenden nicht unbedingt die meiste Aufmerksamkeit bekommen. Schnell wird es chaotisch, unübersichtlich und laut. Aufmerksamkeit ziehen mehr stille und langsame Aktionen auf sich.

Die nächste Aufgabe ist, so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich zu ziehen. Hier sieht man, sobald sich eine Person für eine neue Handlung entscheidet (von sitzend in stehend), liegt sofort die Aufmerksamkeit auf ihr, auch wenn eine Person einer Handlung nachgeht, die im starken Kontrast zu den Anderen steht (alle stehen still, bis auf Eine, die immer auf und ab läuft).

Die letzte und schwierigste Übung kommt zum Schluss. Auf der Bühne ist ein kleines Quadrat abgeklebt, gerade so groß, dass zwei Personen nebeneinander stehen können. Es soll eine Szene gespielt werden. Die Schwierigkeit ist nicht nur, dass man kaum Platz hat sich zu bewegen, sondern auch, dass möglichst keine Bewegung über die Grenzen des Quadrates hinausgehen soll. Dies stellt sich als äußerst schwierig dar. Wie spielt man einen Konzertbesuch mit Sänger und Fan, wenn der Fan einem ins Gesicht schreit und der Sänger die „Masse“ vor sich zu unterhalten versucht? Und das auf nicht mal einem Quadratmeter. Es ist schwerer als angenommen, auf engstem Raum zu übertreiben und absurde Situationen zu kreieren.

Der Workshop hat sehr viel Spaß gemacht. Die Workshopleiter haben eine sehr angenehme lockere Atmosphäre kreiert, in der ich mich sicher fühlen und einfach drauflos probieren konnte. Durch den Workshop steigt meine Achtung vor den Darstellern noch mehr, ich finde es beeindruckend welch tolle Inszenierung sie auf diesem kleinen Raum entwickelt haben, da ich am eigenen Leib erfahren konnte wie schwierig es ist, diese Aufgabe zu bewältigen.

Lena Horsch, Studentin am Institut für Theaterpädagogik der Hochschule Osnabrück, Standort Lingen

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