Farben Formen Gefühle (Aktionisten) – Tag 1

                         „Farben haben Gefühle“ (Nina, 9 Jahre)

Das Vermittlungskonzept zu dem Theaterstück „Oopicassoo“ vom Theater Münster setzt sich mit der Verbindung von Farben und Gefühlen auseinander.

Im Fokus standen die folgenden Fragen:

Welche Gefühle lösen Farben in mir aus? 
Welche Gedanken und Ideen kommen mir, wenn ich eine bestimmte Farbe betrachte? 
Zu welchem körperlichen Ausdruck führen sie mich?

 – Assoziatives arbeiten/Themen: Farben, Formen und Gefühle –

Zu Beginn der Vermittlung (16.04. – 18.04.15, 14.00 – 18.00 Uhr, inkl. Vorbereitung der künstlerischen Intervention im FFT Düsseldorf) versammelte sich die gesamte Gruppe auf dem Innenhof der Einrichtung (JFE St. Matthäus/Düsseldorf- Hellerhof). Die elf Kinder (8-10 Jahre) erwartete eine quergespannte Schnur, welche den Innenhof in zwei Bereiche teilte. Diese Schnur war mit bunten Tüchern in unterschiedlichen Farben und Formen verkleidet. Durch den schönen Anblick und den Moment der Irritation wurde die Neugier der Kinder geweckt. Die erste Aufgabe bestand darin, einen Durchgang zu finden. Jedes Kind wählte eine „passende“ Farbe und einen Durchgang, der genug Abenteuer versprach oder die Aussicht, sicher auf der anderen Seite anzukommen. Im Anschluss an diese erste Aktion folgte eine kurze Zwischenreflexion: Aus welchem Grund wurden Form und Farbe von den Kindern ausgewählt?

Diese „Überraschung“ von Seiten der Vermittlerinnen setzte thematische Assoziationen frei und ermöglichte einen ersten Dialog zwischen Gruppe und Anleitung.

Daraufhin versammelten sich alle Beteiligten in dem für sie vorgesehenen Arbeitsraum. Dieser Raum war im Verhältnis zur Gruppengröße klein und in seiner Farbgestaltung mächtig. An den Wänden befanden sich Graffitis und eine große Spiegelwand. Alle nahmen im Kreis platz und es folgte eine Vorstellungsrunde. Danach wurde ein Warm-Up angeleitet, welches die Teilnehmer*innen auf ihren Körper sensibilisierte und gleichzeitig mit dem Prinzip der Kooperation arbeitete. Somit bestand die Herausforderung in einem ständigen Wechselspiel zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung. Die Kinder kamen in ein dynamisches Spiel und es war zu beobachten, wie die Gruppe miteinander in Verhandlung trat. Durch Gefühlsäußerungen und spontane Kommentare zeigte sich in der Außenwahrnehmung ein erstes Bild individueller Verhaltensstrategien.

Die Verbindung von „Farben und Gefühlen“ wurde zum zweiten Fokuspunkt der Vermittlung. Im Raum lagen Plakate verteilt. Jedes Plakat hatte eine Farbe. Die Kinder gingen zunächst in einen Raumlauf. Die Leiterinnen riefen anschließend eine Emotion in den Raum, z.B. glücklich, wütend, verliebt usw. Die Kinder sollten spontan entscheiden, welcher Farbe sie welches Gefühl zuordnen und sich passend im Raum platzieren. Dabei war zu beobachten, dass die Farben rot/schwarz (Wut)/weiß/schwarz/blau (Trauer)/rot, pink (Liebe) sehr schnell von der gesamten Gruppe einstimmig besetzt wurden. Besonderes Diskussionspotential boten Gefühle wie Eifersucht und Stress. Die gesamte Farbpalette kam zum Einsatz. Die Entscheidungsfindung einzelner Kinder wurde von Kommentaren anderer Kinder gelenkt und stellte somit in den Raum, ob es in diesem Sinne eine „richtige“ oder „falsche“ Entscheidung gäbe. Die Kinder entschieden, dass das eigene Empfinden im Vordergrund der Entscheidung stehe. Daraufhin wurde der Spielauftrag verändert und die Kinder bekamen die Aufgabe, sich spontan zu einer Farbe auszudrücken. Durch diesen „offen“ formulierten Spielauftrag zeigten sich unterschiedliche Ausdrucksformen, wie etwa die körperliche Darstellung von Gefühlen, das Anspielen konkreter Situationen, Figuren und Geräuschen.

Diese vielfältigen Ausdrucksformen wurden sodann in einer Kleingruppenarbeit wieder aufgegriffen und gerahmt. Die Kinder bekamen die Aufgabe, anhand einer Farbe ein gemeinsames Geräusch und eine Bewegung zu entwickeln und diese anschließend vor der Gruppe zu präsentieren. Dabei kam es zu einem ersten Herantasten an eine Aufführungssituation. Die Leiterinnen achteten auf einen respektvollen und wertschätzenden Umgang mit dem Gezeigten. Anschließend verteilten sich die Kinder in den Ecken des Raumes. Das erarbeitete Material sollte zu einer Spielimprovisation in der Mitte des Raumes führen. Dieser Vorgang war für die meisten Kinder so aufregend, dass sie Bewegung und Geräusch fallen ließen und sich zunächst auf das Begehen des Raumes und die Begegnung miteinander konzentrierten. Dies löste in der Gruppe die unterschiedlichsten Reaktionen hervor und gehörte in seiner Intensität zu den stärksten Momenten der Einheit.

Es folgte ein Methodenwechsel. Dieser führte die Gruppe auf eine kognitive Ebene zurück. Es wurden Farbstifte verteilt und die Aufgabe bestand darin, die unterschiedlichen Plakate mit Bildern und Begriffen zu füllen. Gerade in diesem Übergang wurde deutlich, dass die Kinder sich in Form und Inhalt sicher waren, sich aber sofort ein Bewertungsmuster einschaltete und Recht- und Schönschreibung zum zweiten Fokuspunkt der Aufgabe wurde. Besonderes Aufsehen bekam die Aufzeichnung einer Teilnehmerin „Der erste Kuss“, ergänzt durch die Malerei eines roten Kuss-Mundes. Es zeigte sich, dass die Kinder eine gewisse Sicherheit in der Gruppensituation empfanden, die es ihnen ermöglichte, individuelle Themen in den Prozess mit einfließen zu lassen.

Die Gruppe stellte sich in Folge der Plakat-Aufgabe in einen Kreis. Die zuvor gefundenen Begriffe dienten als Spielvorlage. Einzelne Kinder traten in die Mitte. Der Außenkreis sollte erraten, welche Begriffe zur Darstellung kamen. Dabei war die Motivation, die Darstellung so schnell wie möglich zu erraten so groß, dass die Beobachtung des Spielvorganges in den Hintergrund trat. Somit wurde die Regel eingeführt, erst abzuwarten, was nur schwer auszuhalten war. Gleichzeitig bot das hohe Tempo gerade den zurückhaltenden Kindern die Chance sich im Spiel auszuprobieren.

Mit dieser Aufgabe wurde der erste Tag abgeschlossen. Alle Beteiligten kamen zu einer Abschlussreflexion zusammen. Dabei formulierte jede Person einen Satz. Das allgemeine Feedback war positiv. Von den Kindern wurde besonders hervorgehoben, dass sie sich mit der Anleitung sehr wohl fühlten. Da sich die Kinder nach eigener Aussage im Übungsraum sehr eingeengt fühlten, wurde mehrfach der Wunsch geäußert im Innenhof der Einrichtung spielen zu können. Es folgte ein Abschlussritual, bei welchem jedes Gruppenmitglied in die Mitte des Kreises trat und von der gesamten Gruppe einen Applaus geschenkt bekam. Mit diesem Feedback und der Aussicht auf das Treffen am folgenden Tag verabschiedete sich die Gruppe voneinander.

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Sarah Kramer
Sarah Kramer arbeitet Theaterpädagogin am THEATER AN DER PARKAUE und lebt in Berlin. Ihr Studium absolvierte sie am Institut für Theaterpädagogik (HS Osnabrück). Sarah leitet Theatergruppen und Projekte für Jugendliche, Kinder und Erwachsene.

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