Im Gespräch mit Wera (Künstlerische Leitung der Aktionisten)

Hallo liebe Wera, wir sehen uns zurzeit relativ häufig, weil ich zum größten Teil die Aktionisten begleite und dir bei deiner Arbeit auf die Finger gucke ;-). Jetzt möchte ich dir ganz offiziell ein paar Fragen stellen. Am besten fangen wir damit an, wer du bist und was du sonst so machst.

Ich heiße Wera Mahne und ich habe in Hildesheim Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis studiert. Ich arbeite als Regisseurin und Leiterin von künstlerischen Projekten mit Kindern und Jugendlichen und als Workshopleiterin.

In den letzten Jahren habe ich am Jungen Schauspielhaus Düsseldorf gearbeitet und hatte ein NRW-Stipendium am FFT Düsseldorf.

Jetzt gerade leite ich die Aktionisten für die eingeladenen Produktionen aus NRW fürs Westwind 2015, was eine tolle Aufgabe ist! Ich mache das zusammen mit Student*innen aus den unterschiedlichsten Studiengängen, die Lust haben sich mit künstlerischen Vermittlungskontexten auseinander zu setzen. Ich bin in fünf verschiedenen Einrichtungen unterwegs und kommuniziere mit den drei Häusern, die das Festival veranstalten und den Künstler*innen, die sich nach den Vorstellungen mit den Aktionisten treffen. So knapp eine Woche vorm Festival ist da natürlich noch viel zu tun. 🙂

Worauf legst du im Kontakt mit der Zielgruppe am meisten Wert?

Ich möchte den Kindern und Jugendlichen ein künstlerischer Partner sein und ihnen die Möglichkeit und Zeit geben, ihre Ideen umzusetzen und dabei Spaß zu haben.

Mit ihnen gemeinsam zu spinnen und Dinge auszuprobieren. Da ist es wichtig, die Balance zwischen einem guten Angebot und Anregungen zu halten, aber auch viel Freiheit um auf Unvorhergesehenes reagieren zu können und die Ideen aufzunehmen. Mein Ziel ist es Selbstbewusstsein zu fördern, selbst künstlerische Entscheidungen zu treffen und dazu zu stehen, weil man weiß, wie und warum man sich dafür entschieden hat. Dabei biete ich Ihnen meinen Blick von außen, meine Beratung, meine Fragen und meine Unterstützung.

Was Reizt dich in der Zusammenarbeit mit deinen künstlerischen Partner*innen?

Die Student*innen haben alle ihre ganz eigenen Vorstellungen von dem Projekt, und was sie damit wollen und, wie sie die Kinder und Jugendlichen ansprechen. Da mit ihnen in einen Austausch zu gehen, mit ihnen gemeinsam Ideen zu entwickeln und weiter zu denken, interessiert mich. Dabei auch noch in Räumen zu arbeiten, die erst Mal nichts mit Theater zu tun haben, ist wahrscheinlich die größte Herausforderung.

Wie siehst du deine Aufgabe, in diesem Projekt?

Grob zusammengefasst könnte man sagen: Kontakte zwischen verschiedenen Menschen knüpfen. Kontakte zwischen den Einrichtungen und den Theatern, zwischen den Student*innen und den Teilnehmer*innen, zwischen den Teilnehmer*innen und den Künstler*innen des Festivals. Wichtig ist mir, das Theater nicht nur in eine Richtung geht. Es ist eher ähnlich einem Gespräch, man sagt was und es gibt eine Reaktion dazu. Wirklich wichtig ist, dass es dieses Gespräch gibt. Ich arbeite dafür, dass das überall stattfinden kann.

Wie ist das Konzept entstanden? Und wie konntest du die Teilnehmer*innen für das Projekt gewinnen?

Während ich Stipendiatin im FFT Düsseldorf im letzten Jahr war, habe ich mitbekommen, wie die verschiedenen Formate für Westwind entwickelt wurden. Als dann das Begegnungslabor in seinen Grundzügen stand, wurde ich angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, dabei zu sein. Deswegen war ich in der Grundphase schon ganz gut involviert. Als ich das Projekt kennen gelernt habe, war schon klar, dass Jugendfreizeiteinrichtungen und Schulen sich für das Projekt über das Jugendamt anmelden konnten. Dadurch war der äußere Rahmen, also hauptsächlich die Freie Kinder und Jugendarbeit schon festgelegt und auch der zeitliche Rahmen im Vorhinein und die Präsentation auf dem Festival. Wie die Teilnehmer*innen in die Projekte kommen, ist bei jeder Einrichtung total unterschiedlich. Bei manchen gab es einen Flyer oder es wurden gezielt Teilnehmer*innen angesprochen. Bei der zitty.familie waren wir irgendwann einfach da und alle waren eingeladen zu kommen. Im St. Matthäus wurde das Projekt über die dort arbeitende Theaterpädagogin verbreitet und es gab extra Intensivwochenenden.

Wie sind deine bisherigen Erfahrungen? Gibt es einen besonderen Moment, den du mir beschreiben kannst? Oder ein erstes Resümee das du ziehst?

Die kleinen Momente sind toll. Wenn mich ein zehnjähriger Junge fragt, ob er nicht doch noch was verändern könnte und dies auch möglich wäre, weil er sich das genau so jetzt überlegt hat (Oopicassoo). Ich freue mich, wenn die Gedanken von selbst weiter gehen. Wenn ein Mädchen nicht mehr aufhören will an ihrer Seite des Kubus (Wilhelm Tell) zu arbeiten, obwohl die JFE schließt. Wenn ein Junge auf die Bühne rennt, um eine seltsame Bewegung zu machen, die er sich gerade ausgedacht hat (Grimmsklang). Wenn das Pentagram zum Vogel und wieder zurück mutiert (erlebt in der Ritterstraße). Und zwar weil die Leute, die mitmachen das ausprobieren wollen und Lust darauf haben. Das sind Momente, die mir wirklich wichtig sind.

Mit welchen Erwartungen, mit welchen Gefühlen schaust du dem Festival entgegen?

Ich würde mich sehr freuen, wenn diese ganzen filigranen Arbeiten zum Tragen kommen. Teilweise war es jetzt doch sehr eng in der Vorbereitungszeit, und da es alles zum Festival stehen muss, müssen sich die Jugendfreizeiteinrichtungen damit sehr anstrengen um den Regeln des Festivals zu unterliegen. Wenn sich pro Produktion eine Sichtweise der Kinder zeigen kann und das Teil des Westwinds dieses Jahr wird, dann bin ich richtig froh. 

Außerdem hab ich Angst, dass es regnet. Das wäre schade. Aber dann drängeln wir uns eben in den unterschiedlichen Spielstätten.

Gibt es schon Ideen einer Weiterführung des Konzeptes?

Momentan noch nicht, da ich mich gerade ausschließlich damit beschäftige, dass dieses Konzept läuft. Es ist allerdings schade, dass die Gruppen, die sich gebildet haben, nicht alle automatisch weiter laufen. Ich glaube, die Projekte könnten nach dem Festival auch erst richtig los gehen, da dann erst eine Erfahrung zu dem ganzen doch etwas kompliziertem „wir gehen uns Theaterstücke auf einem Festival angucken und zeigen selber was vor, was damit zu tun hat“ hinzu kommt (lacht).
Copyright: Stephan Schröder

Sarah Kramer
Sarah Kramer arbeitet Theaterpädagogin am THEATER AN DER PARKAUE und lebt in Berlin. Ihr Studium absolvierte sie am Institut für Theaterpädagogik (HS Osnabrück). Sarah leitet Theatergruppen und Projekte für Jugendliche, Kinder und Erwachsene.

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