Patricks Trick ODER „Wie nehme ich Kinder und Jugendliche als Publikum und ihre Themen auf der Bühne ernst?“

Wie nehme ich Kinder und Jugendliche als Publikum und ihre Themen auf der Bühne ernst? Diese Frage stand während des Westwind-Festivals immer wieder für mich im Raum. Schließlich sollten Kinder und Jugendliche auf einem Festival, welches sich „Kinder- und Jugendtheater“-Festival nennt, die Hauptrolle spielen.

Während einer Diskussion im Rahmen des Inszenierungsgespräches ‚die Analyst_innen‘, die ich mit dem Schauspieler Manuel und Dorothea von der next generation geführt habe, bekam ich anregenden Input, der mich den Rest der Woche einen Fokus setzen ließ. Wir drei hatten uns die Frage gestellt, wie man Kinder im Theater ernst nimmt. Wir wussten, wir wollten keine „weinerlichen, unendlich aufgedrehten, irgendwie dümmlich oder gar weltfremd wirkenden Eiteitei-Tüddel-Monster“ auf der Bühne. Wir wollten keine Theaterstücke, die die Interessen und Probleme von Kindern in irgendeiner Weise relativieren. Wir wollten Theater, das berührt und zwar generationenübergreifend. Wir wollten Theater, das getreu Erich Kästner zeigt: „Es ist egal, ob man wegen einer zerbrochenen Puppe weint oder weil man später einmal einen Freund verliert. “ Aber wie bekommt man das hin?

Der Großteil der next generation forderte am letzten Abend, Erwachsene sollten auf der Bühne keine Kinder spielen. Sie sagten aber auch, Kinder selber sollten diese Aufgabe auch nicht übernehmen. „Wer dann?“ ist die naheliegende Frage an dieser Stelle. Beantwortet gesehen habe ich persönlich sie am letzten Abend, während der Eigenproduktion „Patricks Trick“ des Theater Kohlenpott.

Diese wunderbare Inszenierung spricht Groß und Klein gleichermaßen an, bringt zum Lachen und zum Weinen und trägt die Ernsthaftigkeit kindlicher Probleme nah an jeden Zuschauer heran. Inszeniert als große Fernsehshow mit Frack und Verfolger-Spot, erzählen zwei Männer die Geschichte von Patrick, der seine Eltern belauscht und erfährt, dass ein Brüderchen unterwegs ist; der aber durch weitere Lausch-Aktionen auch herausfindet, dass sein Bruder mit Behinderung zur Welt kommen wird. Er macht sich daraufhin auf die Suche nach Antworten und einem Weg seinem Bruder später zu helfen. Die Schauspieler versuchen in keiner Sekunde Kinder zu spielen, ihr Alter wird in keinem Satz erwähnt, lediglich der Text an sich gibt Aufschluss darüber, dass es sich bei Patrick um ein Kind handelt. Unverblümt wie es sich eigentlich nur ein Kind traut, fragt Patrick die Gemüsefrau, wie es ist, wenn man behindert ist. Und naiv (oder klug) wie es eigentlich nur Kinder sein können, sagt Patrick seinem schon herbei imaginierten Bruder, dass er mit ihm reden wird, damit er sprechen lernt und dass es kein Problem ist, wenn dieser schreit und sich auf den Boden wirft und dabei sabbert und nicht aufhört. Denn er, Patrick, würde dann einfach singen.

Eine Inszenierung die zeigt, dass Erwachsene nicht Kinder spielen müssen nur weil die Geschichte von Kindern handelt. Ein absolut gelungener Festival-Abschluss der zeigt wie Kinder- bzw. Jugendtheater sein kann und in der Zukunft hoffentlich sein wird und Lust auf mehr macht.

Thea Schmitz, Studentin am Institut für Theaterpädagogik der Hochschule Osnabrück, Standort Lingen

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