ALLES PALETTI !? – Im Gespräch mit Alice Ferl und JayJay

Hallo ihr zwei, bis jetzt war ich stille Beobachterin bei ALLES PALETTE und bin deshalb auf eure Perspektive gespannt. Aber sagt doch erst mal, wer ihr seid und was ihr sonst so treibt.

Alice: Mein Name ist Alice Ferl und ich habe Angewandte Theaterwissenschaften in Gießen studiert. Ich bin freischaffende Künstlerin und hab ne Gruppe, mit der ich Performances und Theater mache. Ich arbeite aber auch im Sound- und Lichtdesign für andere Gruppen. Zusammen mit Jason und Nils haben wir uns das Projekt ALLES PALETTE ausgedacht, indem wir als Theatervermittler – so heißt das, glaube ich, im Fachjargon – fungieren.

JayJay: Joa, ich heiße Jason Firchow. Mein Künstlername ist JayJay. Ich bin freiberuflicher Musiker und Musikpädagoge und arbeite seit einigen Jahren mit verschiedenen Schulen für verschiedene Träger im Bereich Musikpädagogik.

Als ich euren Flyer gesehen habe, ist mir sofort der Begriff „Crossover“ aufgefallen. Wofür steht das?

Alice: In unserem Zusammenhang dafür, dass jeder für sich ein eigenes Berufsfeld hat, was verschiedene Metiers miteinander vereinbart und wir dann, als drei Leute, die zusammen kommen, uns nochmal in ganz vielen verschiedenen Kontexten und Genres bewegen und das, was da zusammen entsteht ist halt: Crossover. (lacht)

Was reizt euch aneinander?

Alice: Ich finde spannend…Also ich finde an Dir, JayJay, spannend, dass du eigentlich so was wie ein Handwerk mitbringst, nämlich das Rappen. Das ist etwas, was bestimmte Parameter braucht und das ist was, wovon man klar sagen kann: Das kannst du halt (lacht) und das kannst du nicht weil irgend jemand dir das beigebracht hat, sondern das kannst du, weil du dir Informationen darüber zusammengesucht hast, selber geübt und gemacht hast.

Das reizt mich auch an der Arbeit mit Jugendlichen. Das ist ne Möglichkeit Leuten Werkzeuge an die Hand zu geben, sich selber etwas beizubringen und das finde ich spannend.

Und wie siehst du das?

JayJay: Joa, ich hab im sozialen Bereich Hip Hop Workshops gemacht und das ist für mich natürlich total spannend, das breitflächiger zu machen. Am Jungen Schauspielhaus mit tollen andern Dozenten, die aus andern Richtungen kommen, die kennen zu lernen, deren Arbeitsweisen. Joa zum Thema Theater, sehr spannend. Ich freu mich, ein Teil davon zu sein.

Also ist Theater eher Neuland für dich?

 JayJay: Ja, genau. Ich arbeite hauptsächlich als freischaffender Musiker und nebenbei mache ich Hip Hop – Workshops mit Jugendlichen.

Worauf legst du in der Arbeit mit den Jugendlichen am meisten Wert?

JayJay: Kreativität und Spaß.

Es geht in diesem Projekt um’s „selber machen“. Ich würde gerne wissen, wie das Konzept entstanden ist?

Alice: Das ist gemeinschaftlich entstanden. Die Grundlage war, dass das Junge Schauspielhaus für die Eröffnungsveranstaltung Geld beantragt hat. Das Projekt sollte ursprünglich mit JayJay und einem Tänzer stattfinden. Im Nachhinein kam die Idee, das Ganze breiter zu fächern und darüber nachzudenken, wie man die Bereiche, Musik, Bewegung und auch die technischen Aspekte von Theater – obwohl das war mehr unser Ding- auf jeden Fall, wie man verschiedene Zugänge zum Thema: Bühne, miteinander vereinbaren kann. Wir haben uns mehrfach zu dritt getroffen und es war klar, dass es ne Zeit vorher gibt, in der wir vermitteln und dass es Besuche auf dem Theaterfestival gibt und die Eröffnungsveranstaltung. Dann haben wir angefangen zu spinnen und zu überlegen, was uns daran interessiert.

Dann war die Idee geboren, das Konzept stand, wie seid ihr an eure Teilnehmer*innen gekommen? Welche Erfahrungen habt ihr in der Institution (zitty.familie (JFE)/Grundschule Rather Kreuzweg) gemacht?

JayJay: Wir haben geguckt, wie können wir die Jugendlichen erreichen und uns ein Konzept überlegt, indem wir eine Facebook Gruppe gegründet und ein Trailer Video mit der Palette gedreht haben, um auf das Ganze aufmerksam zu machen. Wir sind in die Schulen gegangen, in die Klassen rein und haben das Projekt vorgestellt. Auch im Jugendzentrum selber, im zitty – haben wir Werbung gemacht. Wir haben die Jugendlichen direkt angesprochen, die waren sehr interessiert.

Alice, du hast gestern gesagt, dass das Interesse auch durch euren technischen Aufbau entstanden ist?

Alice: Das war tatsächlich so, dass viele Leute gekommen sind, weil sie sich für die Sachen begeistert haben. Als sie gesehen haben, was da passiert: „Da ist irgendwie so ein freakiger Typ der hat da was aufgebaut und da ist noch so ein anderer langer, der spricht da irgend’was ins Mikro, vielleicht hab ich den auch schon mal irgendwo gesehen“. Darüber sind die Leute gekommen und zum Teil über persönliche Ansprache. Es gab welche, die sich so im 5 Meter – Radius um uns herum aufgehalten und beäugt haben. Dann sind wir hingegangen und haben die Leute angesprochen, ihnen gesagt was wir hier machen und ob sie Lust haben dabei zu sein. Bei einigen war beim ersten Treffen noch gar nicht klar ob sie dabei bleiben. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit hat sich eher ergeben, würde ich sagen.

Gibt es bei dem Projekt eine ganz persönliche Motivation, etwas was ihr vielleicht herausfinden möchtet?

Alice: Ich bin immer daran interessiert, was eine Aufführung zur Aufführung macht. Also was unterscheidet Aufführung von Alltag oder wie kann Alltag zur Aufführung werden und was für Parameter braucht das?

Was ich heute sehr schön an der Situation mit dem Eis beobachten konnte. (EIS UND KALTER JAMMER)

Alice: (lacht) Also, wie kann man Rahmen so setzen, dass bestimmte Dinge, die eigentlich von Draußen kommen, auf einmal im Theater landen und zur Bühnenhandlung werden?

JayJay: Wir geben den Kids großen Freiraum. Wir sagen: „Was ist für euch Bühne, was gehört für euch auf die Bühne, sprich, auf die Palette?“ Und das ist dann sehr interessant zu sehen, was wirklich frei von denen selber kommt, weil wir nicht versuchen, die Kids in ne Richtung zu drängen.

Wenn ich jetzt z.B. meinen Hip Hop – Workshop mache is klar, dass wir Text schreiben und versuchen das aufzunehmen oder besten Falls auf der Bühne zu rappen. Aber so ist das was total Freies, wir wissen überhaupt nicht, mit was werden wir konfrontiert. Dann gab`s Jugendliche, teilweise sehr jung, 12/13 Jahre, die so tolle Ideen hatten, das ist echt der Wahnsinn.

Gibt es etwas, das euch besonders beeindruckt hat?

JayJay: Natürlich! Mit der Grundschule, mit der wir zusammen arbeiten. Das hast du ja heute selber gemerkt, dass ist halt unglaublich, was für ne Energie die haben. Ich hab zwar schon mit Jüngeren gearbeitet, aber das ist mir raus gestochen, dass die extrem viel Power haben, ja (lacht). Und es gab natürlich schon ein paar richtig tolle Ideen für die Paletten, aber die will ich jetzt noch nicht verraten.

Alice: Was mich sehr beeindruckt und für mich auch nicht in jedem Projekt mit Jugendlichen der Fall ist, diese große Offenheit. Das man halt nicht direkt denkt: “Mmm…was ist das, was machen die da?“ Das ist nicht der allgemein gängigste Begriff von Theater, den wir bearbeiten. Und dass sie tatsächlich ne Begeisterung dafür entwickeln und eine Verbindlichkeit mit den Sachen eingehen. Dass sie dran bleiben und dass sie weiter kommen und man nicht das Gefühl hat, man muss irgendwen am Schlafittchen irgendwo hinziehen, damit er was macht. Dass sie einfach und ganz schnell eine eigene Motivation entwickeln. Das finde ich richtig beeindruckend.

Mit welchen Erwartungen schaut ihr dem Festival entgegen?

Alice: Mit Großen (lacht).

JayJay: Wir sind gespannt, wir freuen uns drauf. Wir sind noch im Entwicklungsprozess und wissen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, was uns alles erwartet. Wie viele Paletten werden wir aufstellen können? Was wird genau auf die Palette kommen? Joa, das wird, glaube ich, ein großes Abendteuer.

Alice: Ich bin gespannt, die Aufführungen zu sehen. Von den Kleinen waren noch nicht alle im Theater, das kennen viele noch nicht. Bei den Großen war das auch so. Die waren mit uns bei She She Pop. Ich saß zum Glück dahinter und konnte gucken, wie die reagieren, das fand ich ganz spannend. Wie die zum Teil wie Salzsäulen saßen und dann gab`s wieder Momente die nicht so interessierten. Ich find, dass man dadurch selber viele Sachen, die auf der Bühne passieren, noch ‚mal durch andere Augen sieht.

Könntet ihr euch vorstellen, das Projekt weiter zu führen?

Alice: Bis jetzt noch nicht aber vor Allem, weil wir damit beschäftigt sind, dieses Projekt am Laufen zu halten (lacht). Ich muss aber sagen, dass ich dieses Projekt so besonders finde, dass ich mir das vorstellen kann. Aber es funktioniert für mich am meisten darüber, dass man mit den Teilnehmern ne Art von Verbindung herstellt und das Gefühl hat: „Ah eigentlich find ich`s schade, dass es vorbei ist.“ Eigentlich find ich`s generell Schade, an dieser Projektkonzeption, dass man für 2 Monate so aufpoppt und was macht und danach wieder verschwindet, sich aus den Augen verliert. Deshalb finde ich ne größere Nachhaltigkeit in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen total wichtig, sodass man weiter denken kann.

 JayJay: Ich glaub, dass die Idee, die wir entwickelt haben mit der Palette, toll ist. Ich steh da total hinter und man merkt das, so wie heute, als wir ne Palette auf den Schulhof gestellt haben. Sofort kommen fremde Kinder, spielen drauf und verbinden das direkt mit einer Präsentationsfläche. Das ist halt ein Stück Bühne. Ja, ich kann mir vorstellen, dass es über das Projekt hinaus noch Potential gibt.

 

Sarah Kramer
Sarah Kramer arbeitet Theaterpädagogin am THEATER AN DER PARKAUE und lebt in Berlin. Ihr Studium absolvierte sie am Institut für Theaterpädagogik (HS Osnabrück). Sarah leitet Theatergruppen und Projekte für Jugendliche, Kinder und Erwachsene.

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